Sonntag, 1. März 2015

Falsche Bescheidenheit

Arthur Schopenhauer bemerkte treffend: "Bescheidenheit bei mittelmäßigen Fähigkeiten ist bloße Ehrlichkeit: bei großen Talenten ist sie Heuchelei."

Ich kann ihm nur beipflichten. Die falsche Bescheidenheit halte ich zudem für wesentlich unmoralischer als die Überheblichkeit. Denn im Gegensatz zu dieser ist die Überheblichkeit wenigstens echt, insofern sie eine subjektiv ehrliche Einschätzung ausdrückt.
Es gibt aber auch jene Genies, deren Bescheidenheit bedauernswerter Weise ehrlich ist. Das Genie muss sich aber seiner Außergewöhnlichkeit bewusst sein, um seine Stellung in der Welt- und Kulturgeschichte korrekt einordnen zu können. Nur wer von seinem Genius überzeugt ist, daran glaubt einen wichtigen Beitrag zur Welt- oder Kulturgeschichte leisten zu müssen und sich selbst Schicksal ist, wird dazu befähigt Großes zu leisten. Wer nicht daran glaubt von der Welt gebraucht zu werden, wird auch nie in der Lage sein der Welt zu geben was sie bedarf. Die größten Geister der Menschheitsgeschichte waren von ihrer Genialität überzeugt. Ein Genie, das sich für mittelmäßig hält, lähmt seine Schaffenskraft. Ich vermute, dass die Welt aufgrund falscher Bescheidenheit bereits vieler Meisterwerke verlustig ging. Ein Mittelmäßiger, oder Unterdurchschnittlicher, der sich für ein Genie hält, schadet hingegen dem Geistesleben nur dann, wenn einflussreiche Personen ebenfalls an seinen Genius glauben. Diesen bedauerlichen Vorgang können wir momentan im westlichen Kunst- und Kulturbetrieb beobachten. Wobei man dazu noch bemerken muss, dass es dort mit Sicherheit viele "Künstler" gibt, die sich ihrer Talentlosigkeit bewusst sind und lediglich von der allgegenwärtigen Unfähigkeit zwischen wahrer und falscher Kunst unterscheiden zu können profitieren wollen. Für gewöhnlich werden diese Scharlatane in einer gesunden Kulturlandschaft aber nur verspottet.

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