Donnerstag, 25. Juni 2015

Anmerkung zur Romantik

Im 19. Jahrhundert wurde erstmals die Verbindung zwischen Mensch und Natur durch die Industrialisierung gestört. Und zu dieser Zeit stellen wir in der gesamten abendländischen Kultur einen Wandel in der Auswahl der Motive fest. Es entwickelte sich die Tonmalerei in der Musik, deren Motive zwar mannigfaltig waren, sich aber vornehmlich aus Naturphänomenen speisten. Parallel dazu war die romantische Literatur und Lyrik, vor Allem von dem Bestreben motiviert, die Natur gefühlsmäßig zu erfassen. In der Malerei gewannen Natur- und Landschaftsdarstellungen an immenser Bedeutung. Man missinterpretierte diese Phänomene oft als Ausdruck einer besonders starken Naturverbundenheit des romantischen Menschen. Das Gegenteil ist der Fall: Der Romantiker spürte wie der technische Fortschritt, der zunehmende Bedeutungsverlust der Landwirtschaft, die sukzessive Vergrößerung der städtischen Ballungsräume uvm. seine Naturverbundenheit untergrub. Aus diesem negativen Befund heraus, entwickelte sich eine starke Sehnsucht nach Ferne und Natur, die so charakteristisch für die Romantik ist. Die Menschen des 19. Jahrhunderts empfanden einen Konflikt zwischen Natur und Kultur, der für uns nicht mehr nachvollziehbar ist. Dass die "Natur" eine weitaus geringere Bedeutung in den vorigen Epochen hatte, liegt daran, dass sie einen selbstverständlichen Platz in dem alltäglichen Leben der damaligen Menschen eingenommen hat. Erst als der Naturverbundenheit der Verlust ihrer Selbstverständlichkeit drohte, rückte sie in den Fokus von Kunst und Kultur.

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